In den letzten vier Jahren gab es einige Urteile des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zu Hauptschwerpunkten im Arbeitsrecht. Dabei ging es u.a um das Thema Urlaub.
Urteile des BAG zum Urlaubsanspruch
Zum Problemkreis “Urlaubsanspruch” gab es 2019 mehrere Entscheidungen des BAG. Weitere wichtige Urteile folgten. Denn das BAG hatte dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zwei weitere Fälle zur Vorabentscheidung vorgelegt.
(Kein) Verfall von Urlaubsansprüchen
In dem – dem Urteil zugrunde liegenden – Fall forderte ein wissenschaftlicher Mitarbeiter eine Urlaubsabgeltung in Höhe von fast 12.000 Euro für 51 Tage Urlaub aus zwei Jahren.
Zunächst hatte sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit Urteil vom 06.11.2018, Az. C-684/16, gegen den automatischen Verfall von Urlaubsansprüchen ausgesprochen. Das BAG hat diese Vorgaben dann im Urteil vom 19.02.2019, Az: 9 AZR 541/15, umgesetzt.
Zuvor galt, dass ein Arbeitnehmer, der den Verfall von Urlaubsansprüchen zum Jahresende verhindern wollte, auf jeden Fall einen Urlaubsantrag einreichen musste. Die erfolglose Aufforderung des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber, ihm Urlaub zu gewähren, reichte nicht für die Geltendmachung vom Schadensersatzansprüchen aus.
Zwar stellte das BAG nunmehr fest, dass es auch weiterhin dem Arbeitgeber vorbehalten bleibt, den Zeitpunkt für den Urlaub festzulegen. Aber es wies auch darauf hin, dass der Arbeitgeber selbst tätig werden muss, damit die Urlaubsansprüche des Arbeitnehmers möglichst noch im Urlaubsjahr realisiert werden.
Das heißt:
Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer direkt – möglichst nachweisbar – auffordern, den Urlaub zu nehmen. Und er muss ihn gleichzeitig darauf hinweisen, dass der Urlaubsanspruch sonst am Ende des Jahres oder des Übertragungszeitraums verfällt.
Anspruch der Erben auf Urlaubsabgeltung
Auch mit dem Urteil vom 22.01.2019, Az: 9 AZR 45/16, hat das BAG Vorgaben des EuGH (Urteil vom 6.11. 2018, C‑570/16; C-569/16) umgesetzt und damit seine bisherige Rechtsprechung geändert.
Zuvor war die Rechtsprechung davon ausgegangen, dass mit dem Tod des Arbeitnehmers auch sein Urlaubsanspruch erlischt und ein Abgeltungsanspruch nicht besteht.
Nunmehr hat das BAG entschieden, dass ein Abgeltungsanspruch für nicht genommenen Urlaub auch dann besteht, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers endet.
Darüber hinaus hat das BAG festgestellt, dass die Erben einen Abgeltungsanspruch nicht nur für den gesetzlichen Mindesturlaub geltend machen können, sondern auch für Zusatzurlaub und tarifvertraglichen Mehrurlaub.
Kürzung des Urlaubs wegen Elternzeit
Es war längere Zeit nicht eindeutig, ob § 17 BEEG (Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz) europarechtlichen Vorgaben entspricht. Nachdem der EuGH die Regelung eines anderen Landes nicht beanstandet hat, dürfte diese Frage mittlerweile geklärt sein.
So hat auch das BAG mit Urteil vom 19.03.2019 (Az: 9 AZR 362/18) entschieden, dass der Arbeitgeber die Urlaubsansprüche einer Arbeitnehmerin für die Jahre, in denen sie sich in Elternzeit befand, für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel kürzen durfte.
Voraussetzung ist allerdings ein eindeutiger Hinweis des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer, dass der Urlaub für die Elternzeit gekürzt wird.
Anspruch auf Urlaub: Verjährung?
Auch der Anspruch des Arbeitnehmers auf Gewährung von Urlaub unterliegt der Verjährung. Oft beginnt die Verjährung mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist.
Das ist allerdings bei dem Anspruch auf Gewährung von Urlaub nicht zwangsläufig der Fall.
Dem Verfahren 9 AZR 266/20 des BAG lagen Urlaubsansprüche einer Arbeitnehmerin zugrunde, die über mehrere Jahre entstanden waren. Urlaub ist nach § 7 Abs. 4 BUrlG abzugelten, wenn er wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann.
Der Anspruch auf Urlaub erlischt aber nur dann am Ende des Kalenderjahres oder eines zulässigen Übertragungszeitraums, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor aufgefordert hat, seinen Urlaub zu nehmen.
Außerdem muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer klar und rechtzeitig mitteilen, dass der Urlaub verfällt, wenn er ihn nicht nimmt. Der Arbeitgeber kann sich auch nicht darauf berufen, dass der Arbeitnehmer Kenntnis von den gesetzlichen Befristungsregelungen gehabt habe. Denn ihn trifft eine Mitwirkungspflicht und die Initiativlast.
In dem dem Verfahren zugrunde liegenden Fall hatte der Arbeitgeber die Arbeitnehmerin weder aufgefordert, Ihren Urlaub zu nehmen, noch sie darauf hingewiesen, dass der Anspruch möglicherweise verfällt.
Daher hatte die Arbeitnehmerin nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf Urlaubsabgeltung für nicht gewährten Urlaub in einem Zeitraum von mehreren Jahren.
Ein ähnlicher Sachverhalt lag dem Verfahren 9 AZR 456/20 zugrunde.
Mitwirkungspflicht des Arbeitgebers
Der Arbeitgeber sollte seine Arbeitnehmer in den letzten Monaten des Jahres nicht nur auffordern, evtl. noch nicht verbrauchte Urlaubstage zu nehmen. Er muss auch darauf hinweisen, dass der Urlaubsanspruch sonst verfällt.
Er sollte diese Hinweise auf jeden Fall dokumentieren, damit er nachweisen kann, dass er seinen Mitwirkungspflichten nachgekommen ist. Eine Möglichkeit wäre, diese Hinweise auch schriftlich zu verfassen und durch den Arbeitnehmer unterzeichnen zu lassen.
Fazit:
Im Arbeitsrecht ist die Rechtsprechung von erheblicher Bedeutung. Daher sollten Sie sich auch bei vermeintlich einfachen Fragen, wie z.B. Urlaubsansprüchen, ggf. anwaltlich beraten lassen.
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