Angabe von Lieferfristen: „Sofort lieferbar“
Immer wieder führen die Formulierungen bei der Angabe von Lieferfristen zu Abmahnungen im Wettbewerbsrecht.
LG Aschaffenburg – 2 HK O 14/14
Das LG Aschaffenburg hat entschieden, dass ein Händler, der Waren in einem Online-Shop als “sofort lieferbar” anbietet, in der Lage sein muss, diese auch tatsächlich sofort (am nächsten Werktag) zu liefern.
Im vorliegenden Fall hatten zwei Kunden eine Hifi-Anlage bzw. ein Handy bestellt. Der Bestellbestätigung folgte wenige Tage später eine E-Mail des Online-Händlers. In dieser wies er darauf hin, dass sich die Auslieferung um 7 bzw. 5 Tage verzögert.
Lieferung erfolgte verzögert
Die Kunden beschwerten sich bei der Wettbewerbszentrale, die in der fehlerhaften bzw. unkorrekten Angabe der Lieferzeit einen Wettbewerbsverstoß sah und den Händler abmahnte. Die Wettbewerbszentrale erhob schließlich Klage vor dem LG Aschaffenburg. Denn der Shop-Betreiber erklärte außergerichtlich zunächst, dass er keine Unregelmäßigkeiten hinsichtlich der Verfügbarkeit der Produkte feststellen konnte.
Aber das Gericht teilte die Rechtsauffassung der Wettbewerbszentrale. Es wies den Händler darauf hin, dass ein Verbraucher erwartet, dass Ware, die als “sofort lieferbar” beworben wurde, verfügbar ist und am nächsten Werktag versandt werden kann. Diese Entscheidung wurde im Wege eines Anerkenntnisurteils getroffen. Der Shop-Betreiber hat den geltend gemachten Unterlassungsanspruch in der mündlichen Verhandlung anerkannt.
„Voraussichtliche Versanddauer: 1 – 3 Werktage“
Bereits mit Urteil vom 05.10.12, Az. 2 U 49/12 hatte das OLG Bremen darauf hingewiesen, dass es sich „bei der Angabe „Voraussichtliche Versanddauer: 1- 3 Werktage“ um allgemeine Geschäftsbedingungen und nicht um einen bloßen Hinweis oder eine Werbeaussage“ handelt und die o.a. Formulierung zur Lieferfrist unwirksam ist:
„Mit der Angabe „Voraussichtliche Versanddauer: 1-3 Werktage“ behält sich die Beklagte eine nicht hinreichend bestimmte Frist für die Erbringung der Leistung vor. Damit werden, was die Vorschrift verhindern soll, die dem Kunden im Falle einer Fristüberschreitung zustehenden Rechte, vor allem die aus §§ 281, 323 und 280 Abs. 2 iVm. § 286 BGB ausgehöhlt. Der Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot erschwert es dem Kunden insbesondere, das Fristende selbst zu erkennen oder zu errechnen. Wird die Angabe zur Versanddauer durch den Zusatz „voraussichtlich“ relativiert, kann der Kunde nicht selbst zuverlässig einschätzen, unter welchen tatsächlichen Voraussetzungen die Fälligkeit eintritt und er den Verkäufer in Verzug setzen kann.„
OLG Bremen, 2 U 49/12
Angabe von Lieferfristen: „ca. 3 Tage“
Demgegenüber hatte der Senat hinsichtlich der Formulierung „Lieferfrist ca. 3 Tage“ keine Bedenken:
„Dieselben werden deshalb für zulässig angesehen, weil sich hier die Lieferzeit nach dem Verständnis des Kunden hinreichend zuverlässig eingrenzen lässt. Die „ungefähre“ Festlegung, die die Abkürzung „ca.“ bedeutet, ermöglicht dem Verbraucher ein Verständnis, wonach die Frist – wenn auch unter dem Vorbehalt gewisser Schwankungen – im Wesentlichen festgelegt ist und die tatsächliche Lieferzeit von dem mitgeteilten Zeitrahmen (z.B. 3 Tage) nur in einem geringfügigen Maße (vielleicht 1 – 2 Tage) abweichen darf.“
OLG Bremen, 2 U 49/12
Fazit:
Schon im Jahr 2005 hatte der BGH mit Urteil vom 7. 4. 2005 – I ZR 314/02 – Internet-Versandhandel entschieden, dass es einem Online-Händler unbenommen bleibt,
„durch geeignete Zusätze auf einen bestimmten Angebotszeitraum oder Lieferfristen hinzuweisen, wenn er nicht in der Lage ist, eine Nachfrage tagesaktuell zu erfüllen.“
Das “Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie” trägt dieser Rechtsprechung Rechnung. Abgesehen von wenigen Ausnahmen – z.B. Geschäften des täglichen Lebens, die sofort erfüllt werden – gilt seit dem 13.06.14 für Verbraucherverträge, dass der Händler neben anderen Informationspflichten auch auf Lieferbeschränkungen und einen Liefertermin hinweisen muss.
Wie die o.a. Beispiele und die umfangreiche Rechtsprechung zu Lieferfristen (u.a. OLG Hamm – 4 U 205/09; Oberlandesgericht Hamburg – 2 U 49/12; OLG Bremen – 2 U 42/09) zeigt, können aber gerade die Formulierungen zum Liefertermin zu erheblichen Problemen führen. Der Verbraucher muss aus der Angabe klar erkennen können, wann der Unternehmer mit der Lieferung in Verzug kommt. Es muss jedoch kein konkreter Liefertermin benannt werden. Denn das ist in der Praxis kaum möglich. Eine Angabe wie beispielsweise „Lieferzeit 5-6 Tage“ oder „Lieferung in 5-6 Wochen“ sollte zulässig sein.