Hinweise zur Betrugsmasche mit Jobangeboten finden Sie auch in dem Beitrag Identitätsdiebstahl bei der Jobsuche. Da ich zu derartigen Sachverhalten vermehrt Anfragen erhalte, möchte ich auf weitere Einzelheiten und einen weiteren Fall eingehen.
Inhaltsverzeichnis
Job-Scamming: Ein weiterer Fall dieser Betrugsmasche
Bei diesem Jobangebot ging es (erneut) um das Testen von Apps in Heimarbeit. Aber anders, als bei dem oben verlinkten Sachverhalt, wurde meiner Mandantin nicht nur ein Arbeitsvertrag in Aussicht gestellt. Sie hat nach einem Bewerbungs-Chat einen Arbeitsvertrag für einen Minijob von einer (vermeintlich) deutschen IT-Firma erhalten.
Und anders, als bei meinem Test eines Stellenangebots (Betrug bei Kleinanzeigen), sahen das Stellenangebot und die Website des vermeintlichen Arbeitgebers hier seriös aus.
Meine Mandantin hatte sogar die Firma im Handelsregister überprüft (was u.a. bei einer GmbH möglich ist). Die „xxx“ GmbH existierte und auch die Anschrift war korrekt.
Allerdings war das nicht der wirkliche (angebliche) Arbeitgeber. Seine Identität wurde von Betrügern gestohlen.
Ich vermute, dass die Jobbörsen wegen der Betrugsmasche mit Jobangeboten mittlerweile von Arbeitgebern Nachweise verlangen, die die Scammer (Betrüger) nicht haben. Daher haben diese ihre Masche verfeinert, denn ein Eintrag im Handelsregister wirkt seriös und ist ein Nachweis.
Die Firma existierte – und doch war das Jobangebote ein Fake und der vermeintliche Arbeitgeber ein Betrüger. Der Ablauf der Betrugsmasche im Einzelnen:
Was ist Job-Scamming?
Job Scamming ist eine Betrugsmasche, bei der Bewerber/Bewerberinnen mit falschen Stellenangeboten dazu gebracht werden sollen, ihre persönlichen Daten heraus zu geben und/oder Konten für den Geldtransfer der Betrüger zu eröffnen.
Die Bewerber für die neue Stelle werden von dem vermeintlichen neuen Arbeitgeber aufgefordert, das Bewerbungsverfahren nicht auf analogem Weg zu durchlaufen, sondern online-Möglichkeiten zu nutzen. Dabei soll das Opfer verschiedene persönliche Daten preisgeben.
Irgendwann kommt dann das Video-Ident-Verfahren von Banken ins Spiel. Entweder soll ein Konto eröffnet werden, das lediglich der Legitimation dient und danach angeblich gelöscht wird. Oder das Video-Ident-Verfahren ist später Bestandteil der „Arbeitsaufgabe“, Apps zu testen.
„Arbeitgeber“ fordert persönliche Daten
Eine angebliche Mitarbeiterin des vermeintlichen Arbeitgebers forderte meine Mandantin in einem Life-Chat auf, dem (falschen) Chef folgende Daten/Dokumente zu übermitteln:
- IBAN-Nummer und BIC,
- ein Lichtbild von der Vorder- und Rückseite des Personalausweises,
- Steueridentifikationsnummer,
- Mitteilung, ob sie von der Rentenversicherungspflicht befreit werden möchte oder nicht.
Insbesondere der letzte Punkt wirkte vertrauenerweckend. Denn welcher (meist ausländische) Betrüger kennt schon die Tücken der deutschen Rentenversicherungspflicht bei einem Minijob? Ich vermute, KI hat es möglich gemacht. oder es gab einen Helfer (siehe unten)
Schon allein mit diesen Daten ist ein Identitätsdiebstahl möglich, den die Scammer für weitere betrügerische Aktivitäten nutzen können.
Steueridentifikationsnummer, IBAN-Nummer und BIC benötigt ein echter Arbeitgeber für die Gehaltsabrechnung und Überweisung. Aber einem echten Arbeitgeber sitzen Sie normalerweise im Bewerbungsverfahren gegenüber. Und dem reicht – falls überhaupt erforderlich – ein kurzer Blick auf den Personalausweis.
„Arbeitsvertrag“
Ich habe den Arbeitsvertrag nur grob überflogen. Er enthielt die üblichen Klauseln und war – soweit ich das bei dem kurzen Blick gesehen habe – in korrektem Juristen-Deutsch formuliert.
Ein weiterer Punkt für den/die Betrüger. Wie kommen diese an einen solchen Vertrag?
Nach meiner Erfahrung ist KI (Künstliche Intelligenz) noch nicht in der Lage, einen korrekten Vertrag zu erstellen. Ich vermute, dass es sich um eine größere Tätergruppe handelt. Entweder hat ein Mitglied kurz einen Minijob in Deutschland angenommen. Oder es gibt mittlerweile auf dem Schwarzmarkt „Pakete“, die solche Dokumente enthalten.
„Arbeitsaufgabe“: Application Tester
Der vermeintliche Job bestand (erneut) darin, die Dienstleistungen bei diversen Apps bzw. Internetseiten zu testen und diese anschließend zu bewerten. Dazu gehörte die Durchführung von Video-Ident-Verfahren bei verschiedenen Banken. Dem Opfer wird vermittelt, es würden keine echten Konten eröffnet.
Führen Sie als „Arbeitsaufgabe“ niemals ein Video-Ident-Verfahren bei einer Bank durch!
Banken haben eigene IT-Abteilungen bzw. arbeiten nicht mit einem externen Dienstleister zusammen, der über ein Online-Bewerbungsverfahren „Minijobs“ im Home-Office vergibt.
Identitätsdiebstahl
Einerseits haben Sie mit der Herausgabe Ihrer persönlichen Daten die Möglichkeit geschaffen, dass die Täter Ihre Identität für weitere Betrugshandlungen nutzen können.
Und andererseits war hier ein Identitätsdiebstahl die Voraussetzung für diese Betrugsmasche mit Jobangeboten. Denn die Betrüger haben die Identität einer Firma genutzt, die wirklich existiert.
Auf den ersten Blick entsprachen sämtliche Daten der Fake-Firma denen der echten Firma. Es gab eine Webseite, Adresse, Telefonnummer und der Name des Geschäftsführers stimmten.
Nur ein winziges Detail stimmte nicht: Die E-Mail-Adresse der Fake-Firma beinhaltete einen Punkt, den es bei der E-Mail-Adresse der echten Firma nicht gab.
Job-Scamming: Die Folgen
Die Folgen für das Opfer von Job-Scamming sind schwerwiegend. Sie liegen sowohl im strafrechtlichen als auch im zivilrechtlichen Bereich.
Strafverfahren
Dem Opfer der Betrugsmasche mit Jobangeboten wird Geldwäsche (§ 261 StGB) vorgeworfen. Es droht eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren (bei leichtfertigem Handeln bis zu zwei Jahren) oder Geldstrafe.
Abhängig von der Betrugsmasche sind darüber hinaus weitere Strafverfahren möglich:
Das ist z.B. der Fall, wenn die Täter parallel unter dem Namen des Opfers Betrugshandlungen über Kleinanzeigen begehen (Betrug bei Kleinanzeigen/Stellenangebote/Kontoeröffnungen). Dann gibt es weitere Opfer, die erfahrungsgemäß gegen den Kontoinhaber Strafanzeige wegen Betruges erstatten werden.
Zivilverfahren – Schadensersatzforderungen
Anders, als in dem o.a. Link, ging es in diesem (konkreten) Fall nicht um weitere Betrugshandlungen über Kleinanzeigen, sondern um eine neue Masche: Die Betrüger strebten nach der Kontoeröffnung, die dem Opfer nicht bewusst war, die Einräumung eines Dispokredites an, der ihnen durch (glücklicherweise nur) eine Bank auch gewährt wurde.
Danach nutzten sie den Dispokredit, was zu einem Minus auf dem Konto führte.
Was ist ein Dispo?
Das ist eine Kreditlinie, die die Bank einem (echten) Kontoinhaber gewährt, der so – bis zu einer von der Bank vorgegebenen Höhe – sein Konto überziehen kann.
Forderung der Bank und wie kann man sich dagegen wehren?
Die Bank forderte den Minusbetrag von meiner Mandantin zurück. Aber auch Banken haben Verpflichtungen, denn sie haften für nicht autorisierte Zahlungsvorgänge (§ 675u BGB). Und das dürfte hier der Fall sein.
Betrugsmasche mit Fake-Jobs
Das Vorgehen der Scammer (Betrüger) kann man wie folgt zusammen fassen:
- die Betrüger schalten unseriöse Stellenanzeigen, die echt aussehen,
- nachdem Sie Kontakt aufgenommen haben, erhalten Sie eine E-Mail, die ebenfalls seriös wirkt – mit Hinweisen zum weiteren Bewerbungsprozess,
- danach erhalten Sie den gewünschten Nebenjob im Home-Office ziemlich schnell,
- egal, wie die eigentliche „Arbeitsaufgabe“ beschrieben wird, es geht oft um ein (oder mehrere) Video-Ident-Verfahren bei einer Bank und
- danach beginnt der Ärger.
Im Internet gibt es verschiedene Warnungen vor der Betrugsmasche mit Jobangeboten- u.a. von der BaFin:
Warnungen der BaFin
Auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) warnt vor dieser Betrugsmasche. Dabei geht es u.a. um folgende Stellenbezeichnungen, wobei jeweils eine Tätigkeit im Home Office angeboten wird:
- App-Tester/ App-Testerin,
- Aushilfe für Evaluierungen,
- Aushilfe im Büro m/w/d,
- Datenerfasser/Datenerfasserin,
- Minijob Bürotätigkeit,
- Mitarbeiter m/w/d im Prozesscontrolling,
- Proband/in für digitale Studien,
- Produkttester/Produkttesterin.
Seien Sie bei derartigen Stellenangeboten aus den oben angegebenen Gründen vorsichtig!
Job-Scamming – wie können Sie sich schützen?
Auch wenn Sie diesen Beitrag vermutlich erst finden, wenn es bereits zu spät ist – vielleicht helfen Ihnen die Hinweise für die Zukunft und vielleicht findet ihn ein – zu Recht – misstrauischer User doch noch rechtzeitig:
- sehen Sie sich die Website des Arbeitgebers genau an – bei einem Job-Angebot, bei dem ich mir die Website eines (vermeintlichen) Arbeitgebers genauer angesehen habe, müssen bei Ihnen „alle Alarmglocken schrillen“ – Sie sollten das vermeintlich tolle Angebot nicht weiter beachten;
- das würde Ihnen allerdings in einem Fall, wie in diesem Beitrag beschrieben, nicht weiter helfen, denn die Betrüger nutzten die Identität einer realen Firma. Und doch können Sie etwas tun, denn die Betrüger nutzen nur digitale Möglichkeiten (E-Mails und Chats, etc.):
- Rufen Sie während des Bewerbungsprozesses unter einem Vorwand (z.B.: ich habe noch ein paar Fragen) bei der echten Firma an. Wenn diese Firma nichts von einem Stellenangebot weiß, wissen Sie, was los ist;
- lassen Sie sich niemals auf ein Video-Ident-Verfahren ein,
- zeigen Sie im Life-Chat keine Kopie Ihres Personalausweises und verschicken Sie diese auch nicht per E-Mail etc.,
- dokumentieren Sie alles! Dazu gehören sämtliche E-Mails mit dem vermeintlichen Arbeitgeber, Chats und WhatsApp-Nachrichten etc.
Und wenn es bereits zu spät ist, weil Ihnen (mindestens) eine Bank zur Kontoeröffnung gratuliert oder Ihnen Kontounterlagen schickt, befolgen Sie die u.a. Hinweise.
Sie sind Opfer von Job-Scamming: Was müssen sie tun?
Sobald Ihnen eine (oder mehrere) Bank/Banken Kontounterlagen schicken, müssen Sie folgendes tun:
- alle Banken anschreiben und um Löschung des Kontos und Übermittlung der Kontoauszüge bitten – mit dem Hinweis, dass Sie Opfer von Job-Scamming geworden sind,
- Strafanzeige gegen Unbekannt (die Betrüger) erstatten,
- falls nicht zuvor bereits erfolgt: Alles dokumentieren! Auch gelöschte E-Mails, WhatsApp-Nachrichten und Chats lassen sich ggf. wieder herstellen (die entsprechenden Suchbegriffe bei Google eingeben und darauf achten, dass Sie nicht erneut auf eine betrügerische Website herein fallen),
- evtl. einen Anwalt beauftragen, weil der Ihnen weitere Hinweise geben kann.
Es besteht die Gefahr, dass Sie mit einem oder mehreren strafrechtlichen und/oder zivilrechtlichen Verfahren konfrontiert werden.
Nehmen Sie derartige Sachverhalte nicht „auf die leichte Schulter“!
Sie haben weitere Fragen?
Wir stehen Ihnen gern zur Verfügung. Selbstverständlich gilt für Ihre Anfrage die anwaltliche Schweigepflicht und Ihre Daten werden vertraulich behandelt.
Wir sind im Strafrecht und Zivilrecht bundesweit für Sie tätig.
Header-Bild: geralt, pixabay