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Schweigen des Angeklagten

Veröffentlicht am

Aktualisiert: 12.08.2023

Buch aufgeschlagen, alter Gerichtshammer - Symbolbild für Rechtsprechung zur Strafzumessung bei Schweigen des Angeklagten

Das Schweigen des Angeklagten darf bei der Strafzumessung nicht zu seinen Lasten berücksichtigt werden.

OLG München – 5St RR (I) 64/11

Der Entscheidung lag ein Urteil des AG Memmingen zugrunde. Dieses hatte einen Jugendlichen wegen unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln schuldig gesprochen.

Mit dem Rechtsmittel der Sprung-Revision machte der Angeklagte u.a. geltend, das Amtsgericht habe bei der Strafzumessung gegen den Grundsatz „nemo tenetur se ipsum accusare“ verstoßen und zudem seinen positiven beruflichen Werdegang als Strafmilderungsgrund unberücksichtigt gelassen.

Der Grundsatz „nemo tenetur se ipsum accusare“ = „Niemand ist verpflichtet, sich selbst anzuklagen“ stellt einen zentralen Bestandteil des Strafverfahrensrecht dar.

Er beinhaltet vor allem das Recht des Angeklagten oder Beschuldigten, zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen zu schweigen.

OLG zum Schweigen des Angeklagten

Das OLG München (5St RR (I) 64/11) verwies zunächst auf die Feststellungen und Ausführungen des AG Memmingen. Dieses war davon ausgegangen, dass ein Unrechtsbewusstsein bei dem Angeklagten nicht vorhanden gewesen sei. Darüber hinaus berücksichtigte das Amtsgericht bei der Strafzumessung, dass der Angeklagte kein Geständnis abgelegt hat.

Der Senat stellte fest:

„Diese Ausführungen lassen befürchten, dass das Amtsgericht grundlegende Prinzipien der Strafzumessung außer Acht gelassen hat. Ein schweigender Angeklagter kann weder Reue noch Schuldeinsicht zeigen. Sein Schweigen darf nicht zu seinem Nachteil herangezogen werden (…). Das Strafverfahren kennt weder einen Geständniszwang, noch eine Pflicht des Angeklagten, bei der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken. Andernfalls wäre der Angeklagte gezwungen, seine Verteidigungsposition aufzugeben.“

Darüber hinaus wies das Gericht darauf hin: Das Erstgericht habe auch

„außer Acht gelassen, dass die Menge und der Wirkstoffgehalt des besessenen Rauschgifts für die zu verhängende Rechtsfolge bestimmend sind. Die Rechtsprechung verlangt deshalb in den Urteilsgründen neben Ausführungen zum Wirkstoff auch Feststellungen zur Menge des besessenen Rauschgifts (…). Kann der Wirkstoffgehalt des Rauschgifts nicht anhand hinreichend feststellbarer Tatumstände ermittelt werden, ist von dem für den Angeklagten günstigsten Mischungsverhältnis auszugehen.“

Das OLG München hat das Urteil des Amtsgerichts Memmingen im Rechtsfolgenausspruch mit den zu Grunde liegenden Feststellungen aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an einen anderen Jugendrichter des Amtsgerichts Memmingen zurück verwiesen.

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