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Drogen-Bestellung über das Darknet

Veröffentlicht am

Aktualisiert: 20.01.2024

Drogen-Bestellung: Person mit Joint

Nein, Sie bekommen hier keine Hinweise, wie Sie eine Drogen-Bestellung über das Darknet realisieren können. Denn in diesem Beitrag geht es um die möglichen Konsequenzen derartiger Bestellungen.

Das Drogengeschäft über das Darknet florierte schon lange vor Fernseh-Serien und Dokumentarfilmen zu diesem Thema. Die Bestellungen betrafen und betreffen nicht nur Cannabis, sondern auch Heroin, Kokain und Crystal Meth.

Während früher auch Päckchen verschickt wurden, sind die Mengen mittlerweile oft vergleichsweise gering. Daher ist inzwischen ein Versand als normaler Brief oder Großbrief problemlos möglich. Dealer und Käufer hoff(t)en wohl so „unter dem Radar“ zu bleiben. Denn es galt das Postgeheimnis.

Das hat sich mittlerweile geändert. Denn den Strafverfolgungsbehörden ist während der Corona-Pandemie aufgefallen, dass die Drogenkäufe über das Darknet stark zugenommen haben. Das war auch zu erwarten: Aufgrund der Ausgangsbeschränkungen fehlte den Dealern der Handel auf der Straße. Und auch die Drogen-Konsumenten mussten andere Wege finden, um sich zu versorgen.

Daher wurde Anfang 2021 das Postgesetz geändert. Postmitarbeiter müssen nunmehr verdächtige Postsendungen bei der Polizei oder anderen Strafverfolgungsbehörden abgeben. Grundlage ist § 39 Absatz 4a des Postgesetzes.

Bestellung im Darknet

Sie fragen sich, wie die Polizei auf Sie aufmerksam geworden ist? Hier gibt es zwei Möglichkeiten:

Abgefangene Briefe oder Päckchen

Wie oben bereits aufgeführt, sind Postmitarbeiter verpflichtet, den Strafverfolgungsbehörden verdächtige Brief- oder Paketsendungen zu melden. Während das Auftreten im Darknet anonym erfolgt, ist für die Zustellung des Briefs mit Drogen ein Name und eine Adresse erforderlich.

Die Strafverfolgungsbehörden sichern und überprüfen die Sendung. Ein Anfangsverdacht ist gegeben, wenn die Sendung Drogen enthält. Und die Polizei ist dann verpflichtet, Ermittlungen gegen den Empfänger der Sendung aufzunehmen.

Der Darknet-Marktplatz ist „aufgeflogen“

Das war in den letzten Jahren mehrfach der Fall. Dabei sind die Ermittler auf etwas gestoßen, was sie so nicht erwartet hatten: Die Buchhaltung der Marktplatzbetreiber wurde ausgesprochen akkurat geführt. Die Ermittler fanden umfangreiche Daten zu Lieferadressen der Käufer, Anzahl der Bestellungen und Art der bestellten Drogen.

Diese Datensätze sind sehr umfassend. Und selbst wenn ein Drogen-Käufer (noch) nicht als Empfänger mit einem konkreten Drogen-Brief in Verbindung gebracht werden kann, rechtfertigen die vorliegenden Beweise erfahrungsgemäß oft eine Durchsuchung.

Stellen Sie sich das Ganze wie einen Kettenbrief vor: Einmal abgeschickt, haben Sie keine Kontrolle mehr darüber, wer diesen Brief noch erhält. Durchsuchungen im Zusammenhang mit Drogendelikten führen erfahrungsgemäß zu Beweismitteln, die nicht nur den zunächst Beschuldigten belasten.

Denn oft ergeben sich aus diesen Beweismitteln Hinweise auf Straftaten anderer Personen. Und die Durchsuchungen bei diesen Personen führen dann nicht selten zu Hinweisen, die weitere Personen betreffen.

Strafe bei Drogen-Bestellung über das Darknet

Für Drogenbestellungen über das Darknet gelten die gleichen Bestimmungen des Betäubungsmittelstrafrechts, wie bei einem Drogenkauf auf der Straße oder im Park. Ausschlaggebend ist die Menge der Drogen.

Bereits der Besitz einer „nicht geringen“ Menge Betäubungsmittel stellt ein Verbrechen dar (§ 29a BtMG), für das eine Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr gilt.

Und die „nicht geringe Menge“ ist schnell erreicht. In den von mir bearbeiteten Verfahren im Betäubungsmittelstrafrecht war das überwiegend der Fall.

Drogendelikte, bei denen die „nicht geringe Menge“ nicht erreicht wurde, werden mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft.

Ein konkreter Fall aus dem Jugendstrafrecht

Der Sachverhalt liegt schon einige Jahre zurück. Damals gab es die Änderung des Postgesetzes noch nicht. Einige Großbriefe waren den Postmitarbeitern trotzdem aufgefallen.

Das zuständige Amtsgericht hatte die Beschlagnahme der Postsendungen von verschiedenen Absendern angeordnet. Diese wurden der Ermittlungsbehörde übergeben. Mein heranwachsender Mandant hatte über das Darknet mehrere Bestellungen für Amphetamine und Haschisch aufgegeben.

Seine Adresse stand auf den Briefen. Es wurden mehrere Ermittlungsverfahren eingeleitet und seine Wohnung durchsucht. Und dann hatte er Glück.

Das erste Verfahren: Normale Menge BtM

Wie oben schon ausgeführt, ist bei einem Drogendelikt die Menge entscheidend. Zwar gilt im Jugendstrafrecht der Strafrahmen des Erwachsenenstrafrechts nicht, aber trotzdem ist die Drogen-Menge (Konsumeinheiten) wichtig für die Beurteilung der Schwere einer Straftat.

Aus irgendeinem Grund erfolgte die Begutachtung der Drogen in den Briefen getrennt. Es gab zunächst nur ein Gutachten. Und die Staatsanwaltschaft hatte nur für den Sachverhalt Anklage erhoben, der einen Großbrief sowie Drogen betraf, die bei der Durchsuchung sichergestellt wurden.

Es ging in diesem ersten Fall um 7,6 Gramm Amphetamin-Base und 1,4 Gramm Marihuana-Tabak-Gemisch. Dabei handelt es sich um eine (i.S. der Rechtsprechung) normale Menge, d.h.: Es lag noch kein Verbrechen vor.

Mein Mandant hatte die Bestellung der Amphetamine zwar bestritten. Aber das Gericht ging davon aus, dass die Beweissituation eine Verurteilung – u.a. wegen des Handels mit Drogen – rechtfertigt. Es verhängte – neben weiteren Maßnahmen – u.a. eine freiheitsentziehende Maßnahme in Gestalt eines einwöchigen Dauerarrests.

Das zweite Verfahren: Nicht geringe Menge BtM

Es gab zwei weitere Briefsendungen mit Drogen, deren Adressat mein Mandant war. Die Bestellungen erfolgten zeitnah zu der Bestellung, für die mein (damals noch nicht anwaltlich vertretener) Mandant bereits verurteilt wurde.

Die beiden Ermittlungsverfahren wurden verbunden. Dabei fiel der zuständigen Staatsanwaltschaft auf, dass nur für einen Sachverhalt ein Wirkstoffgutachten vorlag. Für die zweite Sendung wurde dann ebenfalls ein Gutachten in Auftrag gegeben. Und das führte zu einer weiteren Verzögerung des Verfahrens.

Anklage (u.a. wegen des Handels mit Drogen) wurde erst ein Jahr nach Rechtskraft des o.a. Urteils erhoben. Da der Gesamtgehalt der Drogen in einem der beiden Fälle über 13 Gramm THC lag, handelte es sich um eine nicht geringe Menge und um ein Verbrechen.

Die Staatsanwaltschaft war der Auffassung, dass schädliche Neigungen zu prüfen sind und daher die Zuständigkeit des Jugendschöffengerichts gegeben ist.

Mein Mandant bat mich, ihn in diesem Verfahren als Pflichtverteidigerin zu vertreten. Neben anderen Argumenten gab es in diesem Verfahren drei Schwerpunkte und Verteidigungsansätze:

1. Zeitablauf

Zum Zeitpunkt der zweiten Hauptverhandlung lagen die beiden Sachverhalte zwei Jahre zurück. Und es gab einen engen zeitlichen Zusammenhang zu der Bestellung, für die mein Mandant – mehr als ein Jahr zuvor – bereits verurteilt wurde.

Der in dem vorherigen Verfahren verhängte Jugendarrest hatte meinen Mandanten sehr beeindruckt. Wir konnten nachweisen, dass er sich danach ausgesprochen positiv entwickelt hatte.

2. Anwendung von Jugendstrafrecht

Mein Mandant war zur Tatzeit Heranwachsender. In dem vorherigen Verfahren war er nach Jugendstrafrecht verurteilt worden.

Ich war daher erstaunt, dass Staatsanwaltschaft und selbst die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe in diesem Verfahren nunmehr der Auffassung waren, dass eine Verurteilung nach Erwachsenenstrafrecht erfolgen sollte. Sie begründeten das damit, dass mein Mandant seine Lehre bereits beendet hatte und sehr gut verdiente.

Bei einer Verurteilung nach Erwachsenenstrafrecht hätte die Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe berücksichtigt werden müssen.

Zwar hätte diese Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden können, aber eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe (nach Erwachsenenstrafrecht) wäre dem Sachverhalt – meiner Meinung nach – nicht gerecht geworden.

3. Schädliche Neigungen

Bei Anwendung von Jugendstrafrecht muss geprüft werden, ob zum Zeitpunkt der Verurteilung noch schädliche Neigungen vorliegen. Diese wären in diesem Fall Voraussetzung für den Ausspruch einer Jugendstrafe.

Aus den unter Ziff. 1 angegebenen (und weiteren) Gründen, war ich der Auffassung, dass bei meinem Mandanten „keine schädlichen Neigungen“ vorlagen.

Das Ergebnis des zweiten Verfahrens

Dass die Staatsanwaltschaft und sogar die Jugendgerichtshilfe annahmen, eine Verurteilung nach Erwachsenenstrafrecht sei hier die richtige Reaktion, hatte mich überrascht. Ich konzentrierte mich daher in meinem Plädoyer neben weiteren Gesichtspunkten, die für die Strafzumessung wichtig sind, auf die o.a. drei Schwerpunkte.

Dabei hatte ich ausführlich begründet, warum in diesem Fall Jugendstrafrecht anzuwenden ist. Und ich beantragte die Verhängung verschiedener Weisungen und Auflagen.

Das Gericht folgte meinem Antrag.

Strafe für Drogenhandel bei anderem Verlauf des Verfahrens

Dass es in diesem Fall zwei Verfahren und erhebliche Verzögerungen gab, war ein Glücksfall für meinen Mandanten.

Denn dem zweiten Verfahren lagen wesentlich schwerwiegendere Handlungen zugrunde, als dem ersten Verfahren. Und zum Zeitpunkt des ersten Strafverfahrens gab es einige Argumente, die bei der Strafzumessung im zweiten Verfahren in positiver Hinsicht zu berücksichtigen waren, noch nicht.

Was wäre aber das Ergebnis gewesen, wenn die Anklage (zeitnah nach den Tathandlungen) alle drei Drogen-Bestellungen über das Darknet umfasst hätte?

Zwar wäre auch in diesem Fall Jugendstrafrecht zur Anwendung gekommen. Aber es wäre vermutlich nicht beim Jugendarrest geblieben. Denn mein Mandant war einschlägig vorbestraft. Ihm wurde (u.a.) der Handel mit Betäubungsmitteln vorgeworfen, wobei in einem Fall ein Verbrechen vorlag.

Wäre das Strafverfahren für alle Handlungen (wie hier das erste Verfahren) 9 Monate nach den Bestellungen durchgeführt worden, hätte es vermutlich kaum Argumente gegeben, die gegen das Vorliegen „schädlicher Neigungen“ sprechen. Daher wäre in diesem (fiktiven) Fall wahrscheinlich eine Jugendstrafe verhängt worden.

Fazit zu diesen Jugendstrafverfahren:

Der tatsächliche Verfahrensverlauf war außergewöhnlich. Und dass derartige Verzögerungen in den Ermittlungsverfahren passieren, ist eher selten der Fall. Normal wäre ein Verfahrensverlauf gewesen, wie oben in der fiktiven Variante beschrieben.

In einem Jugendstrafverfahren ist die Zeit zwischen der Tathandlung (bzw. Kenntnis der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens) und der Hauptverhandlung grundsätzlich sehr wichtig.

Denn in dieser Zeit muss der Jugendliche bzw. Heranwachsende Anstrengungen unternehmen, die dem Gericht später zeigen, dass er bereits Lehren aus den prozessualen Maßnahmen gezogen und sich positiv entwickelt hat.

Das gilt insbesondere (aber nicht nur), wenn wegen eines Verbrechens die Verhängung einer Jugendstrafe möglich ist.

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